Lean Impact – eine lohnende Lektüre

Ende letzten Jahres erschien das Buch „Lean Impact – How to Innovate for Radically Greater Social Good“. Endlich bin ich mal dazu gekommen, es zu Ende zu lesen und möchte hier nun meinen Eindruck wiedergeben.

Titel und Untertitel verraten schon sehr viel über die Inhalte. Es geht darum, das Beste aus zwei Welten zusammenzuführen: die innovativen Methoden des Lean Startup mit dem Anliegen, einen möglichst hohen gesellschaftlichen Mehrwert zu liefern. Die Autorin Ann Mei Chang kennt beide Welten – aus dem Silicon Valley (sie hat u.a. für Google und Apple gearbeitet) und von ihrer Tätigkeit bei der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde USAID. Sie schreibt: „So wie Unternehmen die Verantwortung haben, den Wert für ihre Anteilseigner zu erhöhen, haben missionsgetriebene Organisationen die Verantwortung, ihren gesellschaftlichen Mehrwert zu maximieren.“ Letzteres ist noch wichtiger. Und dazu gehören eben auch die hilfreichsten verfügbaren Methoden.

Erzwungene Wasserfälle

Ann Mei Chang beschreibt das bisherige weit verbreitete Wasserfall-Modell im gemeinnützigen Sektor: um eine Finanzierung zu erhalten, müssen detaillierte langfristige Pläne erarbeitet werden, die als Basis für einen Förderantrag dienen. Werden Mittel bewilligt, gilt es, den Plan abzuarbeiten und dabei nicht nach links oder rechts zu schauen.

Nun gibt es auf der Welt viele komplexe Probleme ohne eine klare Lösung. Manchmal dauert es Jahre, bis man herausfindet, ob mit dem eigenen Handeln etwas bewirkt wird. Oder eben nicht. Bis dahin wird auch mal viel Energie für wenig Wirkung verpulvert. Wenn eine Finanzierung alleine davon abhängt, ob eine Organisation einen vorab ausgearbeiteten Plan korrekt ausgeführt, mündet dies mit Sicherheit in einem solchen erzwungenem Wasserfall.

Think Big. Start Small. Seek Impact.

Die Alternative: die iterative Methode des Lean Startup. Sie kann auch auf Impact-Organisationen angewandt werden – wenn auch mit mehr Komplexität. Schließlich braucht eine Wirkung manchmal einfach lange, bis sie sichtbar wird (z.B. bei Bildung), was Experimente schwierig macht. Außerdem kann es grenzwertig sein, an Menschen in Not herumzuprobieren.

Dennoch plädiert die Autorin zu Recht auf einen Kulturwandel auch in diesem Sektor. Wissenschaftliche Datenerhebung, schnellere Feedbackschleifen, Lernen durch Experimente – diese Zutaten können NGOs und Social Startups helfen. So können sie ihre Ressourcen viel effizienter einsetzen, um noch mehr zu bewirken. Dazu braucht es natürlich entsprechend hohen Ziele, die richtigen Anreize und Menschen mit Unternehmergeist, die die ständige Suche nach Verbesserungen als Gewohnheit implementieren.

Finanzierung oft der Knackpunkt

Sehr ausführlich geht Ann Mei Chang auf das Thema Finanzierung ein. Ich finde es klasse, dass sie sogar ein ganzes Kapitel widmet, um sich direkt an Kapitalgeber zu wenden. Genau wie im Bereich der Sozialunternehmen bedarf es hier eines intensiven Austausches, damit beide Seiten (bzw. die vielen verschiedenen Arten von Geldgebern und Social Startups) sich besser verstehen und gemeinsam an Lösungen arbeiten können. Schließlich sollten alle das gleiche Ziel haben: möglichst viel Gutes für die Welt zu bewirken. Aber dafür muss man auch mal die Perspektive wechseln (Ich selbst war im März auf einer vom SEND e.V. und der KfW-Stiftung organisierten Finanzierungskonferenz für Social Entrepreneurship und habe sehr intensiv wahrgenommen, wie dringend nötig ein solcher Austausch ist).

Fazit: unbedingt lesen

Auch wenn mein Blickwinkel weniger theoretisch als praktisch ist und ich mich vor allem mit Forprofit-Sozialunternehmen beschäftige – das Lesen von Lean Impact hat mich definitiv weitergebracht und meinen Horizont in vielerlei Hinsicht erweitert. Sowohl Changemaker (in Startups und NGOs) als auch Kapitalgeber und Investoren, die eine positive Wirkung erzielen wollen, sollten das Buch unbedingt lesen. Ann Mei Chang beweist viel Expertise und Erfahrung. Die zahlreichen Beispiele aus allen Ecken der Welt untermauern ihre Thesen. Die Lektüre ist inspirierend und hat eine sehr gute Mischung aus Herz und Verstand.

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